Neid lässt uns nie zufrieden sein
Mal ehrlich, wann haben Sie sich das letzte Mal bei einem dieser Gedanken ertappt:
- „Warum ist eigentlich der Rasen des Nachbarn immer grüner als der eigene?“
- „Warum sind die Kinder der Freundin in der Schule so viel erfolgreicher als die eigenen und können darüber hinaus auch noch reizend Klavier spielen?“
- „Warum kommt die Kollegin Frau S. immer so locker mit dem Chef ins Gespräch, während ich noch fünf Minuten nach dem Zusammentreffen mit ihm nach der passenden Antwort suche?“
- „Warum kleidet sich die Nachbarin auf so lässig leichte Art umwerfend geschmackvoll, während ich irgendwie das Gefühl nicht loswerde, dass das, was ich trage, immer einen biederen Beigeschmack hat?“
Schöner, klüger, wohlhabender, glücklicher – der Erwartungsdruck fängt so oft mit diesen fatalen kleinen Buchstaben an, die an Eigenschaftswörter angehängt werden: „-er“. Neid lebt vom endlosen Vergleichen. Und das Fatale ist, dass es wirklich nichts gibt, um das man die anderen nicht beneiden könnte. Ein Benediktinermönch beschrieb dies mal so: „Wer sich mit anderen vergleicht, hinkt ihnen immer hinterher. Denn es gibt immer Fähigkeiten bei anderen, die ich nicht besitze“.
Jede Beziehung und Begegnung kann den Nährboden für Neidgefühle bieten: Beneidet werden Schwestern, andere Schulmütter. Mit anderen Worten: Neid entsteht vor allem durch Nähe und soziale Kontakte. Beziehungen schaffen potenziell Neider und Beneidete. Neid produziert im Gleichtakt Mangelgefühle und Erwartungen, was anders werden müsste; gleichzeitig legt sich Unzufriedenheit wie Mehltau auf die Seele. Wer neidorientiert denkt, verfällt dem großen Irrtum, es gäbe einen Status, der uns zufrieden sein lässt.
Entsprechende Irrtumssätze lauten:
- Wenn erst einmal
- Hätte ich doch
- Könnte ich doch auch …
- Ja, dann wäre ich …
Egal wie schön, gebildet, wohlhabend, erfolgreich ein Mensch ist, es wird immer jemanden „Über“ ihm geben. Also rückt die innere Zufriedenheit meilenweit weg. Erfolg gleich welcher Schattierung bringt nicht automatisch Gelassenheit mit sich.
Beim Thema Neid lässt sich nur schwer ein Gewinnbereich ermitteln. Im besten Fall ziehen wir Gewinn aus der sozusagen „im Grenzbereich des Neider“ liegenden (ehrlichen) Bewunderung und dem daraus resultierenden Ansporn. Dinge, Fähigkeiten usw. bei jemand anderem zu entdecken, der in einer ähnlichen Lebenssituation ist, kann eben auch Mut machen, endlich selbst erste neue Schritte zu wagen. Neidgefühle können also im besten Fall einen Hinweis auf eigene Entwicklungspotenziale geben.